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Die meisten durch Krebs verursachten Todesfälle bei Frauen gehen auf Brustkrebs zurück. Immer deutlicher wird dabei, dass micro-RNAs (miRNAs) bei der Krebsentstehung eine Rolle spielen. Bei diesen miRNAs handelt es sich um kurze, nicht für Proteine kodierende RNAs, die Einfluss auf die Genregulation nehmen. Dadurch bestimmen sie den Ablauf entscheidender Prozesse mit, wie beispielsweise Zellteilung, -differenzierung und den programmierten Zelltod (Apoptose).

Für Brustkrebszellen ist bekannt, dass bestimmte miRNAs zur Entwicklung eines invasiven und metastasierenden Phänotyps führen. MiRNAs der miR-200 Familie hingegen scheinen eine gewisse Schutzwirkungen zu entfalten, denn eine verringerte Expression führt hier zum Voranschreiten des Tumors. Dennoch wird die Datenlage bezüglich der miR-200 Familie insgesamt kontrovers diskutiert.

Eine Gruppe von Wissenschaftlern aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum um PD Dr. Stefan Wiemann und Dr. Özgür Sahin aus dem NGFN-Plus Verbund Zelluläre Systemgenomik untersuchten nun die Rolle der miR-200 Familie genauer, indem sie diese sequenzabhängig in zwei verschiedene Cluster unterteilt betrachtete.
Dabei fanden sie heraus, dass das miR-200bc/429 Cluster und das miR-200a/141 Cluster unterschiedliche Effekte auf das Überleben der Brustkrebszellen bzw. deren programmierten Zelltod, das Fortschreiten des Zellzyklus und das durch den Wachstumsfaktor EGF (für engl. epidermal growth factor) geförderte Einwandern der Brustkrebszellen haben. Dabei wurden 21 Gene entdeckt, die vermutlich ausschließlich von miR-200bc/429, nicht aber von miR-200a/141 herab reguliert werden. Darunter beispielsweise ein Gen, das für ein Enzym (Phospholipase C gamma 1) kodiert, welches für die durch EGF erhöhte Zellbeweglichkeit sowie für Zellteilung und -überleben relevant ist. Ein direkter Zusammenhang im Hinblick auf Tumorwachstum und Metastasierung scheint demnach gegeben zu sein.

Das miR-200bc/429 Cluster scheint im Falle von Brustkrebs generell einen stärker hemmenden Einfluss auf die durch EGF verursachte Zellinvasion zu haben als das miR-200a/141 Cluster. Auch konnte nur für das miR-200bc/429 Cluster eine Wirkung nachgewiesen werden, die Apoptose fördert und somit ggf. die Krebszellen in den programmierten „Selbstmord“ treibt. Ein weiterer Hinweis auf die Verschiedenartigkeit der Mechanismen, die durch die unterschiedlichen Cluster angestoßen werden, ließ sich im Hinblick auf den Zellzyklus aufdecken. Während durch miR-200bc/429 im Vergleich zu Kontrollzellen vermehrt Zellen prä-mitotisch arretierten, also vor der Teilung der Zellen, wurde durch miR-200a/141 ein vermehrtes Anhalten postmitotisch beobachtet. Obwohl die Zellteilung also zu verschiedenen Zeitpunkten und vermutlich auf verschiedene Art und Weise angehalten wird, ist damit für beide miRNA Cluster gezeigt, dass sie eine das Tumorwachstum unterdrückende Funktion ausüben. Es wurden somit neue therapeutische Ansatzpunkte gefunden, um Brustkrebszellen an der Vermehrung und Metastasierung zu hindern.

[Originalpublikation: Uhlmann, S., Zhang, J.D., Schwager, A., Mannsperger, H., Riazalhosseini, Y., Burmester, S., Ward, A., Korf, U., Wiemann, S. & Sahin, O. (2010). miR-200bc/429 cluster targets PLCc1 and differentially regulates proliferation and EGF-driven invasion than miR-200a/141 in breast cancer. Oncogene, in press.]