NGFN-PLUS

Identifizierung und Charakterisierung pathogenetisch relevanter Gene bei der akuten myeloischen Leukämie (AML)

Leitung:    Prof. Dr. Hartmut Döhner
Institut: Universität Ulm / UniversitätsklinikumUlm
Homepage: www.uniklinik-ulm.de
Ziele des Teilprojekts:
Mit Hilfe der neuen „High-Throughput Sequencing“ Technologie sollten Leukämie-relevante Gene über den Nachweis von Mutationen identifiziert werden. Im Rahmen integrativer Auswertungen wurden die Ergebnisse mit globalen Genexpressionsdaten, genomischen Informationen (SNP Microarray Daten) sowie im Rahmen des NGFN Leukämie Netzwerks vorhandenen „Omics“ Datensätzen analysiert. Zusätzlich wurden signifikante Ergebnisse mit klinischen Informationen korreliert, die im Rahmen prospektiver multizentrischen Therapiestudien der AMLSG erhoben wurden, um so neue Marker von potentieller prognostischer Relevanz und neue Ansätze für ein risiko-adaptiertes Patientenmanagement zu identifizieren.

Ergebnisse:
Basierend auf unseren Vorarbeiten in der AML mit komplexem Karyotyp konnten wir mehrere kritische genomische Regionen charakterisieren. Mit Hilfe von NimbleGen “sequence capture” Microarrays haben wir nun die kodierenden Exone von 1000 Kandidatengenen aus den entsprechenden Regionen für einen Next Generation Sequencing (NGS) Ansatz angereichert. In Zusammenarbeit mit der Genomic Core Facility des DKFZ wurden mittels Illumina NGS Technologie gepaarte Leukämie/Keimbahn-Proben von 50 AML Patienten untersucht. Insgesamt haben wir 120 Missense/Nonsense Mutationen sowie 60 Insertionen/Deletionen identifiziert, die 73 unterschiedliche Gene betreffen (3.6 tumorspezifische Aberrationen/AML). Während die meisten Veränderungen nicht rekurrent auftraten, zeigte sich eine signifikante Anreicherung von Mutationen in Genen, die an der epigenetischen Regulation beteiligt sind, wie z.B. Mutationen in TET2, TET1, DNMT3A und DNMT1, sowie in den Histonmethyltransferasen NSD1, EZH2 und MLL3. Des Weiteren konnten wir Mutationen in Splicing regulierenden Genen finden, so dass spekuliert werden kann, dass dereguliertes Splicing sowie aberrante epigenetische Regulation eine wichtige Rolle in der Entstehung der AML spielen (Dolnik et al. Blood 2012; siehe Abbildung). Außerdem haben wir unsere Untersuchungen wie geplant fortgeführt und zur Evaluation potentieller klonaler Evolution Rezidiv-AML Fälle sequenziert sowie die ersten AML Exome erfolgreich untersucht.

Ferner haben wir mittels integrativer Auswertung von TP53 Mutations- und arrayCGH/SNP Microarray-Daten bei der AML mit komplexem Karyotyp Zusammenhänge von p53 Veränderungen, genomischen Veränderungen sowie klinischem Ansprechen identifizieren können. TP53 Mutationen fanden sich in 141 von 234 (60%) und TP53 Deletionen in 94 von 234 (40%) CK-AML Fällen. Das heißt TP53 Veränderungen zeigten sich in insgesamt 164 von 234 (70%) Fällen und waren durch starke genomische Komplexität gekennzeichnet (14.3 vs 6.2 Aberrationen pro Fall; P < .0001). Des Weiteren waren Patienten mit TP53 Aberrationen älter und hatten signifikant niedrigere Remissionsraten, sowie kürzere Ereignis-freie, Rezidiv-freie und Gesamtüberlebenszeiten. Zusammenfassend konnten wir TP53 als wichtigen prognostischen Faktor in der AML mit komplexem Karyotyp charakterisieren, der alle anderen bekannten Variablen inklusive des monosomalen Karyotyps übertrifft (siehe Rücker et al. Blood 2012). Zusätzlich konnten wir in Kooperation mit den Arbeitsgruppen von Peter Lichter und Jan Korbel einen Zusammenhang zwischen TP53 Mutationen und Chromothripsis aufweisen, der auf eine spezifische Rolle von p53 in der Entstehung katastrophaler DNA Rearrangements bei der AML hindeutet (siehe Rausch et al. Cell 2012), und wir konnten durch integrative Analysen eine Deregulation des p53/miR-34a Netzwerks in der AML mit komplexem Karyotyp identifizieren (Rücker et al. Leukemia 2013).



Abbildung: Resequenzierung von 50 gepaarten Tumor-/Remissions-AML Proben. Angabe des prozentualen Anteils der mutierten Allele (frameshift/missense/nonsense Mutationen) basierend auf den fallbezogenen Sequenzdaten. Rekurrent mutierte Gene wurde farbig kodiert, nicht rekurrente Veränderungen sind als schwarze Punkte dargestellt. CBF-AML = Core-Binding Factor AML; CK-AML = AML mit komplexen genomischen Veränderungen; CN-AML = AML Fälle ohne zytogenetisch nachweisbare Veränderung; FLT3* = AML mit interner Tandemduplikation des FLT3 Gens (FLT3-ITD); adaptiert von Dolnik et al. Blood 2012.
Weitere Teilprojektleiter: