Die Chromosomen


Verdrehte Verpackungkunst: Die Chromosomen

Stellen Sie sich vor, sie müssten einen 20 Kilometer langen millimeterdünnen Faden in einem Tennisball unterbringen. Das wäre nur mit einer sehr guten Wickel- und Falttechnik möglich.

Eine solche Situation meistern die Träger der Erbinformationen, die Chromosomen. Jeweils 46 von ihnen drängen sich in jedem Kern einer menschlichen Zelle. Viel Platz haben sie dort nicht: Der Zellkern einer menschlichen Körperzelle ist nur rund sechs Mikrometer groß. Dass sich das zusammengenommen etwa 2 Meter lange, fadenförmige DNA-Molekül aller Chromosomen darin nicht verknotet, ist nur dank perfekter Verpackungskunst möglich. Die Chromosomen bestehen aus einem Gerüst aus Eiweißen, um das je ein DNA-Faden aufgewickelt ist. Man könnte die DNA mit einem Bindfaden und das Eiweißgerüst mit einer Bindfaden-Spule vergleichen. Allerdings ist die DNA auf eine kompliziertere Weise um die Eiweiße gewickelt als wir es von der Bindfaden-Spule her kennen:
Ein Chromosom gleicht einer zusammengedrückten Sprungfeder. Der aufgedrehte Federdraht stellt sich bei weiterer Vergrößerung als eine in engen Schleifen gelegte Faser heraus. Diese Faser könnte man wiederum mit einer Perlenkette vergleichen. Die Perlen bestehen aus Proteinen, sogenannten Histonen, die einen linsenförmigen Komplex bilden. Um diese Histonkomplexe ist der DNA-Strang - wie die Haare um einen Lockenwickler - zweimal gewunden. Jedes Chromosom enthält durchschnittlich 675.000 solcher "Lockenwickler" - Strukturen.



Die DNA liegt in der Zelle nicht einfach als langer Faden vor, sondern ist um spezielle Eiweißmoleküle (= Histone) gewickelt, ähnlich wie Haare auf Lockenwicklern. Diese "Lockenwickler" sind wiederum aneinander gereiht und ergeben so ein Perlenkettenähnliches Bild. Die erste Verpackungsstufe der DNA höherer Zellen ist ein Komplex aus DNA und Histonen, das so genannte Nukleosom.
© Krebsinformationsdienst, Deutsches Krebsforschungszentrum


Vor allem kurz vor ihrer Teilung zeigt die Körperzelle, wie dicht sie den dünnen DNA-Faden aufwickeln kann. Die Fasern werden um ein zentrales Proteingerüst zu einer 700 Nanometer dicken Struktur verknäuelt. Denn vor der Zellteilung müssen die DNA-Fäden sehr kompakt sein. Sie müssen transportiert und auf die entstehenden zwei "Tochterzellen" verteilt werden. Um die Chromosomen gut transportieren zu können, werden sie maximal verkürzt und erscheinen daher besonders dick. In diesem kompakten Zustand lassen sich die Chromosomen gut färben, daher die Bezeichnung Chromosom (griech.: "chroma" = "Farbe" und "soma" = „Körper“, also „Farbkörper. Der erste, der diesen Begriff vorschlug, war der deutsche Anatom Heinrich Wilhelm Waldeyer im Jahre 1888.). Die gefärbten Chromosomen sind deutlich im Lichtmikroskop erkennbar.
Chromosomen bestehen aus zwei Teilen, den sogenannten Chromatiden. Die Chromatiden werden an nur einer Stelle, dem Zentromer, zusammengehalten. Im kompakten Zustand sehen die Chromosomen daher aus wie ein X. Bei der Teilung einer Zelle trennen sich die beiden Chromatiden und verteilen sich auf die neu entstehenden Tochterzellen.
Nach der Zellteilung strecken sich die Chromosomen wieder aus, damit die Erbinformation leichter zugänglich ist. Jedes Mal, wenn die Information der DNA abgelesen werden soll, muss sich der Erbgutfaden zunächst teilweise von seinem Stützgerüst abwickeln.