Hyperaktives Dornröschen: Optimiertes Werkzeug für den Gentransfer
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Hyperaktives Dornröschen als herausragendes Werkzeug für die Gen- und Genomforschung

Wissenschaftler des Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch konnten zusammen mit Wissenschaftlern der Katholischen Universität Löwen, Belgien, ein neues Transposonsystem entwickeln, das mit erhöhter Effizienz in der Lage ist, Gene in Zellen einzuschleusen und stabil in deren Erbanlagen einzubauen. Sie hoffen damit, ein verbessertes Werkzeug für die Gentherapie zur Verfügung zu haben.

Transposons ("springende Gene") sind Stücke von DNA, die sich selbstständig im Genom fortbewegen und vervielfältigen können. Transposons pflanzen sich selbst im Genom ihres Wirtes fort und sind damit „Parasiten“ auf molekularer Ebene. Gleichzeitig sorgen sie dafür, dass sich das Genom im Laufe der Evolution verändern kann. Man kann Transposons als natürliche Vehikel sehen, die ein bestimmtes Stück DNA von einem Ort im Genom an einen anderen transportieren können. Genau deshalb kann man sie als Werkzeug in der Genetik einsetzen.

Genetische Veränderungen haben jedoch  die große Mehrheit der Transposons inzwischen inaktiv gemacht. Aus Transposons aus dem Genom des Zebrafisches, die vermutlich vor rund 20 Millionen Jahren aktiv gewesen waren, gelang es Dr. Ivics und Dr. Izsvák aus Berlin-Buch vor über zehn Jahren ein springendes Gen "wiederzubeleben". Sie nannten es in Anlehnung an das Grimm`sche Märchen "Dornröschen" (Sleeping Beauty), weil sie es nach langem Schlaf aufgeweckt hatten. Mit dem neuen Werkzeug gelang es den Forschern, Gene in Zellen von Wirbeltieren zu schleusen, doch blieb die Effektivität dieser springenden Gene eingeschränkt. Das galt besonders dann, wenn sie versuchten, Gene in Stammzellen zu schleusen.

Daraufhin veränderten sie nun die genetische Bauanleitung des Transposons so geschickt, dass sie die Aktivität Dornröschens um das Hundertfache steigerten. Dadurch findet ein in eine Zelle eingebrachtes Gen mit größerer Wahrscheinlichkeit seinen Weg in das Genom.

Bislang setzen Forscher vor allem entschärfte Viren ein, um Gene in Zellen einzubringen. Aber auch andere, nicht virale Techniken wurden erprobt. Diese Methoden sind jedoch entweder zu gefährlich oder zu ineffizient, um eine breite Anwendung in der Gentherapie zu finden. Versuche mit dem neuen Transposon "Dornröschen" in Mäusen zeigten dagegen nach Angaben der Forscher, dass eingeschleuste Gene (Transgene) sicher in das Erbgut der Zielzelle gelangen und dort stabil eingebaut werden. Auch nach einem Jahr waren die Gene in den Mäusen aktiv. Damit ist das „hyperaktive Dornröschen“ sicherer, einfacher anzuwenden und günstiger als jede andere bisherige Methode.

Die Berliner Wissenschaftler hoffen, dass ihr neues Werkzeug zum Standardinstrument für den Gentransfer wird. Eine erste klinische Studie mit dem Dornröschen soll noch in diesem Jahr in den USA starten. Das Transposon soll dort ein therapeutisches Gen in isolierte Abwehrzellen (T-Zellen) einbringen, die für die Therapie von Patienten mit B-Zell-Lymphomen, bösartigen Tumoren des Lymphgewebes, eingesetzt werden.