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Etwa 8 % der Krebsfälle bei Kindern gehen auf ein Neuroblastom zurück. Damit ist das Neuroblastom nach den Hirntumoren die häufigste solide Tumorerkrankung bei Kindern. Doch ist der Krankheitsverlauf von Patient zu Patient äußerst unterschiedlich. Dementsprechend verschieden gestaltet sich auch die Behandlung. Erwartet man eine hohe Chance, dass der Tumor sich von selbst zurückbildet (spontane Regression), so wird teilweise nur abgewartet oder eine milde medikamentöse Therapie verabreicht. Patienten mit einem hohen Risiko, an dem Krebs zu versterben oder Krankheitsrückfälle zu erleiden, werden hingegen möglichst intensiv behandelt.

Wissenschaftlern aus dem NGFN ist es nun gelungen, einen Test zu konzipieren, der eine genauere Prognoseabschätzung für Neuroblastom-Patienten als bislang möglich zulässt. Das Team um Herrn PD Dr. Matthias Fischer und Herrn Dr. André Oberthür vom Universitätsklinikum Köln sowie Herrn Dr. Benedikt Brors und Herrn Dr. Frank Westermann vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg hat in einer vorangegangenen Studie einen Test entwickelt, der sich nun bei der Untersuchung von 440 Neuroblastom-Patienten als äußerst vielversprechend erwies.

Bislang erfolgt die Einteilung der Neuroblastom-Patienten nach den Kriterien der deutschen Neuroblastomstudie (NB2004) in drei Gruppen mit hohem, mittlerem oder geringem Risiko in Folge der Erkrankung zu versterben. Dazu werden derzeit verschiedene Parameter zur Abschätzung herangezogen, darunter beispielsweise Alter bei Diagnose, Stadium der Erkrankung und Beurteilung des Zustands des Erbmaterials der Tumorzellen (z. B. hinsichtlich Vervielfältigungen des Gens MYCN oder dem Verlust chromosomaler Regionen). Der in der aktuellen Studie verwendete PAM (prediction analysis for microarrays) Klassifikator basiert auf dem Expressionsmuster von 144 Genen und gruppiert die Patienten in nur zwei Fraktionen: jene mit günstiger und jene mit ungünstiger Prognose. Die durchgeführten Analysen belegten, dass diese Unterteilung zuverlässige Voraussagen der Krankheitsverläufe ermöglicht.

Der besondere Vorteil des neuen Tests offenbarte sich jedoch insbesondere, nachdem die Patienten in weitere Untergruppen unterteilt betrachtet wurden. So zeigte sich, dass alle Kinder, die durch das alte Verfahren nicht der Hochrisikogruppe zugeteilt worden, aber dennoch verstorben waren, durch das neue Verfahren als Patienten mit ungünstiger Prognose korrekt eingestuft wurden. Besonders diese Patientengruppe kann von dem 144-Gen PAM Klassifikator profitieren, da sich hier eine frühzeitig eingeleitete, intensivere medikamentöse Therapie als lebensrettend erweisen könnte. Zwar profitierten nicht alle Untergruppen in gleichem Maße von dem neuen Test, doch ist dieser insbesondere empfehlenswert für Patienten, deren Sterberisiko anhand der Standardkriterien fälschlich als gering oder mittel eingestuft wird, um hier durch eine Intensivierung der Therapie die Überlebenschancen zu verbessern.


[Originalpublikation: André Oberthuer, Barbara Hero, Frank Berthold, … Manfred Schwab, Roland Eils, Patrick Warnat, Lars Kaderali, Thorsten Simon, Boris DeCarolis, Jessica Theissen, Frank Westermann, Benedikt Brors, and Matthias Fischer (2010). Prognostic Impact of Gene Expression–Based Classification for Neuroblastoma. Journal of Clinical Oncology. 2010 Jul 20;28(21):3506-15. Epub 2010 Jun 21.]