NGFN-PLUS

Funktionelle Analyse von Parkinson-assoziierten LRRK2 Mutationen

Leitung:    PD Dr. Marius Ueffing
Institut: Helmholtz Zentrum München / TU München
Homepage: www.helmholtz-muenchen.de
Bei der Parkinson-Krankheit (Morbus Parkinson) handelt es sich um eine langsam fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, deren charakteristisches Merkmal das Absterben dopaminerger Neurone in der Substantia nigra, einem bestimmten Bereich des Mittelhirns, ist. Neben der klassischen sporadischen Form (idiopathisches Parkinson-Syndrom) mit komplexer Ätologie treten auch familiäre Formen auf, die durch Mutationen in einzelnen Genen verursacht werden. Eines dieser  Gene ist das, für das Leucine Rich Repeat Kinase 2 (LRRK2)-Protein kodierende Gen LRRK2, welches einen dominanten Erbgang aufweist (Zimprich et al., 2004). Mit einer Prävalenz von etwa 5% stellen Mutationen im LRRK2-Gen die häufigste genetische Ursache der familiären Formen des Parkinsonismus dar. Das LRRK2-Protein weist eine komplexe Multidomänenstruktur auf (siehe Abbildung) und gehört zur Familie der Proteinkinasen, die eine fundamentale Rolle in der Steuerung und Regulation komplexer zellulärer Vorgänge spielen, wobei Phosphatgruppen auf Zielproteine übertragen werden. Im Falle von LRRK2 wird davon ausgegangen, dass die Parkinson-assoziierten Mutationen zu einer Erhöhung der Kinaseaktivität führen. Eine solche Erhöhung konnte in in vitro-Assays gezeigt werden (West et al. 2005; Gloeckner et al., 2006). Die häufigste Parkinson-assoziierte LRRK2-Mutation, Glycin zu Serine an Position 2019 (G2019S), liegt im Aktivierungssegment der Kinasedomäne. Die Kinasedomäne von LRRK2 weist Ähnlichkeiten mit Mitogen-aktivierten Protein (MAP) Kinase Kinase Kinasen auf, die in der Vermittlung von Zellstress eine zentrale Rolle spielen. Zusätzlich besitzt LRRK2 eine Ras-ähnliche (Ras of complex proteins, Roc) Domäne mit GTPase-Aktivität (West et al., 2007). Ras-ähnliche GTPasen sind Teil von MAP Kinase-Signaltransduktionswegen. Daher soll im Rahmen der NGFN-geförderten Arbeiten die Funktion von LRRK2 in zellulären Signaltransduktionswegen untersucht werden, was die systematische und Kandidaten-bezogene Suche nach LRRK2-Substraten beinhaltet. Erste systematische in vitro-Ansätze haben das Strukturprotein Moesin als LRRK2- Substrat identifiziert (Jaleel et al., 2007). Im Rahmen der im NGFN durchgeführten Arbeiten konnte in einem Kandidaten-bezogenen Ansatz bereits gezeigt werden, dass LRRK2 in vitro Kinasen phosphoryliert, die Teil von kanonischen Zellstress-induzierten Signalwegen sind (Gloeckner et al., 2009).

Erste Arbeiten mit Zellkulturen legen nahe, dass eine erhöhte LRRK2-Aktivität zum Zelltod führen kann (Smith et al., 2006; West et al, 2007).  In den geplanten Arbeiten soll nun mittels etablierter Modell-Zelllinien und primärer Neuronenkulturen (z.B. dopaminerge Neurone) im Detail verstanden werden, welche Funktion LRRK2 in der neuronalen Zelle hat und wie LRRK2-Mutationen zum Zelltod führen. Ferner sollen die Interaktionsnetzwerke auf der Basis von Proteinkomplexen, an denen LRRK2 beteiligt ist, untersucht werden. Von deren Aufklärung erhofft man sich weitere Einblicke in die genaue Funktion von LRRK2. Speziell deshalb, weil LRRK2 mit 280 kDa zu den großen Proteinen gehört und neben der Proteindomäne, die für die Kinaseaktivität verantwortlich ist, weitere Domänen enthält, die zu Klassen von Proteindomänen gehören, die an Protein-Protein Wechselwirkungen beteiligt sind und häufig in Struktur- bzw. Gerüst- (Scaffolding) Proteinen zu finden sind (zusammengefasst in Mata et al., 2006). Zu diesen gehören z.B. die Namen-gebenden Leucin-reichen Repeatstrukturen (leucine rich repeats) oder die terminale WD40- Propellerstruktur von LRRK2. Die LRRK2-Proteinkomplexe werden nun mit Affintäts-basierten Aufreinigungsverfahren, wie z.B. einer Zweischrittaffinitätsaufreinigung (Gloeckner et al., 2007), isoliert und nachfolgend massenspektrometrisch analysiert.
Die in den Arbeiten gewonnenen Erkenntnisse sollen letztlich dazu beitragen, in Zusammenarbeit mit der pharmazeutischen Industrie, Zielproteine für eine medikamentöse Behandlung von M. Parkinson zu identifizieren.

Literatur:
Gloeckner et al. (2006), Hum. Mol. Genet., 15:223-232
Gloeckner et al. (2007), Proteomics, 7:4228-4234
Gloeckner et al. (2009), J. Neurochem., in press
Jaleel et al. (2007), Biochem. J., 405:307-317
Mata et al. (2006), Trends Mol. Med., 12:76-82
Smith et al. (2006), Nat. Neurosci., 9:1231-1233
West el al. (2005), Proc. natl. Acad. Sci., 102:16842-16847
West et al. (2007), Hum. Mol. Genet., 16:223-232
Zimprich et al. (2004), Neuron, 44:601-607


Funktionelle Analyse von Parkinson-assoziierten LRRK2 Mutationen




Legende:
(A) Zeigt die Domänenstruktur von LRRK2. LRR: leucinreiche Repeats, Roc: “ras of complex proteins” GTPase Domäne, COR: “C-terminal of Roc“ Domäne, Kin: Kinasedomäne, WD40: WD40 Propeller-Domäne. Zwei wichtige Parkinson-assoziierte Mutationen sind eingezeichnet: G2019S (Glycin 2019 zu Serin) und I2020T (Isoleucin 2020 zu Threonin). (B) Phosphorylierung der MAP kinase kinase MKK6 durch LRRK2 Varianten (Gloeckner et al., 2009). Die Parkinson-assozierte Mutation G2019S zeigt eine drei bis vierfach höhere Aktivität als der Wildtyp. K1906M ist eine kinaseinaktive Kontrollvariante. (C) Eine Modellierung der Proteinstruktur der LRRK2 Kinasedomäne schlägt vor, dass die G2019S Mutation zu einer Konformationsänderung führt, die den aktiven Zustand der Kinase nachahmt. Gezeigt ist die Überlagerung der G2019S- mit der Wildtypstruktur.