NGFN-PLUS

Die physiologische Funktion von BACE1 – ist BACE1 ein geeignetes Therapie-Ziel?

Leitung:    Prof. Dr. Christian Haass, Dr. Alistair N. Garratt
Institut: Ludwig-Maximilians-Universität, München
Homepage: www.biochemie.abi.med.uni-muenchen.de
Das Amyloid-beta (Aβ) Peptid spielt eine zentrale Rolle in der Pathologie der Alzheimer-Erkrankung. Es entsteht durch die Prozessierung des Amyloid-Precursor-Proteins (APP) mittels zweier molekularer Scheren, sogenannter Proteasen, die β- und γ-Sekretasen. Inhibition dieser Sekretasen ist einer der am meisten versprechenden Therapieansätze gegen die Alzheimer-Erkrankung. Allerdings müssen mögliche Nebenwirkungen aufgrund der physiologischen Funktionen der Proteasen in Betracht gezogen werden. Da die physiologischen Funktionen der β-Sekretase, BACE1 zuerst ungeklärt waren, sahen wir es als notwendig, die Funktionen von BACE1 durch genetische Methoden und Inhibitorbehandlung in der Maus, sowohl in der Entwicklungsphase als auch bei adulten Tieren zu untersuchen, um mögliche Nebenwirkungen einer Behandlung mit BACE1 Inhibitoren abzuschätzen. Wir konnten erstens zeigen, dass BACE1 essentiell für die Myelinisierung (elektrische Isolierung) peripherer Nerven ist, da BACE1 eine Isoform (Typ III) des Eiweißes Neuregulin-1 (Nrg1) in den Nervenzellen spaltet und aktiviert. Typ III-Nrg1 fungiert als Signalmolekül und stimuliert die Bildung der Myelinscheiden durch die begleitenden Schwann’schen-Zellen (http://mdc.helmholtz.de/889784/de/news/archive/2006), die die Nervenzellfortsätze (Axone) umhüllen. Außerdem entdeckten wir, dass BACE1 das Typ III-Nrg1 zweimal spaltet, und damit den aktiven Teil des Moleküls freisetzt, der die Schwann’schen Zellen zur Myelinscheidenbildung anregt (http://www.alzforum.org/new/detail.asp?id=3490). Nrg1 ist nicht nur für die Myelinisierung des peripheren Nervensystems wichtig, sondern auch für die Entwicklung und Aufrechterhaltung der Muskelspindeln, die dem Gehirn wichtige Information über die Dehnung und Stellung der Muskeln leiten. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe um Carmen Birchmeier (MDC, Berlin) fanden wir heraus, dass die BACE1-abhängige Spaltung von Nrg1 für die Bewegungskoordination eine entscheidende Rolle spielt (https://www.mdc-berlin.de/41200256/de/news/2013). Es ist nach diesen Ergebnissen zu erwarten, dass die Hemmung von BACE1 in Menschen zum Verlust der Muskelspindeln, und deshalb zur Beeinträchtigung der Bewegungen der Patienten führen könnte. Unsere Arbeiten leisten daher wichtige Erkenntnisse zur Entwicklung von Medikamenten gegen Azheimer die weniger schädliche Nebenwirkungen hervorrufen.



Abb. 1:  BACE1 spaltet und aktiviert verschiedene Isoformen von Nrg1 um die Myelinisierung der peripheren Nerven und Entstehung bzw. Aufrechterhaltung der Muskelspindeln zu regulieren
Typ III-Nrg1 (rote Pfeile) and Typ I-Nrg1 (blaue Pfeile) werden von BACE1 (orange Schere) gespalten. Das hierdurch aktiviertes Typ III-Nrg1 stimuliert die Bildung der isolierenden Myelinscheiden durch die Schwann’schen Zellen (gelbe Ovalen) während aktiviertes Typ I-Nrg1 für die Entwicklung und Aufrechterhaltung der Muskelspindeln unerlässlich ist. Nrg1-Signale werden durch ErbB2/ErbB3-Rezeptoren (schwarz/grüne Balken) vermittelt, die in Schwann’schen Zellen und in Muskelspindeln exprimiert werden. Die Eruierung der physiologischen Funktionen von BACE1/Nrg1-Signalen ist unabdingbar für die Entwicklung sichere Medikamente gegen die Alzheimer-Erkrankung.




Abb. 2: Neuregulin-1-Isoformen werden durch BACE1 gespalten und aktiviert

Neuregulin-1 (Nrg1) ist ein an der Zelloberfläche lokalisiertes Eiweiß, das in verschiedenen Isoformen vorkommt, hier schematisch dargestellt, und das Schnittstellen (rote Pfeile) für BACE1 enthält. Nrg1 sowie BACE1 werden im gesamten Nervensystem exprimiert. Spaltung durch BACE1 resultiert in einer Freisetzung der Typ I- und Typ IV-Isoformen von der Zelloberfläche (horizontaler schattierter Balken), zum Beispiel um den Muskelspindel. Typ III-Nrg1 bleibt zuerst an der Zelloberfläche durch eine N-terminalen hydrophobischen Bereich (Hy) innerhalb einer Cystein-reichen-Domäne verankert, und ein zweiter Schnitt durch BACE1 setzt die EGF-Domäne frei, die Zellen in der Nähe stimulieren kann (zum Beispiel Schwann’sche Zellen). Abkürzungen: Ig, Immunoglobulin; glyco, glykosiliert; EGF, epidermal growth factor-ähnlich; Hy, hydrophobisch; CRD, Cystein-reiche-Domäne.
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