NGFN-PLUS

Augenscreen

Leitung:    Prof. Dr. Jochen Graw
Institut: Institut für Entwicklungsgenetik, Helmholtz Zentrum München
Homepage: www.helmholtz-muenchen.de/en/idg
Blindheit und Beeinträchtigungen der Sehfähigkeit sind weit verbreitete Erkrankungen, die zu einem Verlust an Lebensqualität und einer Verkürzung der Lebenszeit führen. Weltweit sind 50 Millionen Leute blind. In der Deutschen Mausklinik werden Mausmutanten in einer standardisierten Phänotypisierung analysiert, um Modelle für humane Erkrankungen zu etablieren. Der Augenscreen überprüft die Sehfähigkeit der Mausmutanten mit nicht-invasiven Methoden. Morphologische Anomalien des Auges werden mittels Scheimpflugbildgebung (Hornhaut, Iris und Linse) und Optischer Kohärenztomografie (Retina, Sehnervenscheibe und Blutgefäße) analysiert. Erweitert wird der Primärscreen durch die Laser-Interferenz-Biometrie zur Vermessung der Achsenlänge des Auges sowie durch einen Sehtest mit der Virtuellen Trommel. Die Untersuchungen werden durch sekundäre Testmethoden vervollständigt, wie die Elekroretinographie (ein retinaler Funktionstest) und die histologische Analyse.

In 13 % der untersuchten Mutantenlinien wurden Auffälligkeiten am Auge entdeckt. Elf der identifizierten Augenmutanten tragen die Mutation in einem Gen, dessen Funktion für die Entwicklung und Funktionalität des Auges bisher gänzlich unbekannt war. Hierzu zählen Asxl1, Mysm1 und Prdm5, deren Genprodukte an Regulationsprozessen durch Modifikationen der Chromatinstruktur beteiligt sind. Dies zeigt die Bedeutung einer intakten Chromatin-Modellierung für das reguläre Augenwachstum. Die Liste der an der Augenentwicklung beteiligten Transkriptionsfaktor-Gene konnte im Rahmen dieses Projektes um Nfya, Pou3f3 und Zscan10 erweitert werden. Darüber hinaus wurden mit Arvcf, Ftsj1, Jmjd5 und Slc20a2 vier weitere bisher unbekannte Augengene identifiziert. Offensichtlich sind die rRNA-modifizierende Funktion von Ftsj1 und die Hydroxylaseaktivität von Jmjd5 wichtige Bestandteile des Wachstumsprozesses im Auge. Arvcf und Slc20a2 wirken an Zell-Zell-Kommunikationen bzw. Phosphattransport mit. Die entsprechenden Mausmodelle deuten auf die Linsenfaserzellen als Wirkungsort hin. Eine Trübung der Cornea wurde bei der Durchlauflinie mit einer Mutation im Rezeptorgen Ednra beobachtet. Ednra reguliert die Kontraktion von Blutgefäßen. Interessant ist hierbei, dass mit Fyco1 und Jag1 zwei weitere Gene des Herz-Kreislauf-Systems als wichtige Komponenten der Augenentwicklung bestätigt wurden. Damit liefern unsere Untersuchungen weitere Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Augenerkrankungen und Herz-Kreislauf-Risiken (Flammer et al., 2013).

                                

Bild Augenscreen: Virtueller Sehtest
Im virtuellen Sehtest wird die Maus einem Streifenmuster ausgesetzt, das sich im oder gegen den Uhrzeigersinn bewegt. Sehende Mäuse folgen dem Muster mit einer charakteristischen Kopfbewegung (Head-tracking-Reflex).
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