NGFN-PLUS

Funktionelle Studien

Leitung:    Prof. Dr. Martin Klingenspor
Institut: Molekulare Ernährungsmedizin, Technische Universität München, Else Kröner-Fresenius Institut und Zentralinstitut für Ernährungs- und Lebensmittelforschung
Homepage: www.molekulare-ernaehrungsmedizin.de/
Das IG „Molekulare Mechanismen der Adipositas“ zielt auf die Identifikation von Genen und Allelen, die Individuen zur Entwicklung der Adipositas prädisponieren, und deren Validierung im Hinblick auf Epidemiologie, Funktion, klinische Relevanz und therapeutischen Implikationen.

In Workblock 3 (WB3) wurden Gene untersucht, die in Workblock 1 durch genomweite Assoziationsstudien in Mensch oder Maus identifiziert und anschließend in Workblock 2 validiert wurden. Zusätzlich lieferte WB3 sowohl eine Reihe von Kandidatengenen aus phänotypischen Untersuchungen der „German Mouse Clinic“ als auch Maus QTL-Daten sowie Informationen aus anderen Spezies. Analysen der Kandidatengene fanden auf verschiedenen Ebenen der biologischen Komplexität statt. In transgenen Mausmodellen wurde die Funktion ausgewählter Kandidatengene für die Regulation der Balance von Energieaufnahme und Energieverbrauch nachgewiesen und im Detail charakterisiert (Klingenspor). Dazu wurden mehrere Mausmodelle neu erstellt (Wurst) oder von externen Kooperationspartnern zur Verfügung gestellt. Die Fettleibigkeit der Mc4r defizienten Mäuse wird ausschließlich durch Hyperphagie verursacht, wohingegen der Energieverbrauch dem erhöhten Körpergewicht entspricht (1). Ein neues Mausmodell für FTO zeigt entgegen der Erwartung eine erhöhte Fettmasse bei verminderter Muskelmasse. Noch laufende Untersuchungen deuten auf eine Funktion von FTO in der Wachstumshormon-Achse, verbunden mit einem erhöhten Energieverbrauch pro Gramm Muskelmasse. Unsere funktionellen Studien kamen sehr erfolgreich in Kooperationen mit Netzwerkpartnern und mit externen Partnern sowie der German Mouse Clinic zum Einsatz (2-5).

Auf zellulärer Ebene wurden funktionelle Studien in kultivierten humanen Fettzellen durchgeführt, um die Rolle der ausgewählten Kandidatengene für den Lipid- und Glucosestoffwechsel und die Mitochondrienfunktion zu identifizieren (Wabitsch). Dazu wurden shRNA-Konstrukte gegen die entsprechenden Gene designed, in Eingangsvektoren kloniert und anschließend mittels lentiviraler Vektoren in humane Fettzellen eingeschleust. Interessanterweise war in FTO defizienten Adipozyten die Expression eines Markers für Braunes Fettgewebe – UCP-1 (uncoupling Protein-1) etwa 4-fach auf RNA- und Proteinebene erhöht. Dies führte funktionell zu einer gesteigerten basalen und entkoppelten Atmung in FTO-defizienten Adipozyten. In weißen Fettgewebsdepots von Fto defizienten Mäusen konnten wir im Vergleich zu Wildtyp-Kontrollen eine erhöhte Anzahl von Ucp-1-positiven Adipozyten und eine erhöhte mRNA Expression dieses Markers nachweisen (6).

Auf molekularer Ebene erfolgte eine detaillierte Untersuchung des Kandidatengens FTO hinsichtlich der Funktion des FTO Proteins für die Regulation der Genexpression und für die RNA Prozessierung in einer humanen Zelllinie und in FTO knockout Mäusen (Horsthemke). Nach Überexpression von FTO zeigten 95% aller in der Dosis veränderten mRNAs erhöhte Levels. Die meisten der veränderten Transkripte kodierten für Proteine, die am RNA splicing und RNA Metabolismus beteiligt sind. Das passt zur der Loksalisation von FTO in nuclear speckles. Nach Abreicherung von FTO zeigten 78% aller in der Dosis veränderten mRNAs erniedrigte Levels. Auffällig waren hier Transkripte, die für Proteine kodieren, die an der zellulären Antwort auf Nährstoffmangel beteiligt sind. Reduziert war auch MALAT1 RNA, die in nuclear speckles lokalisiert ist. An Fto-defizienten Mäusen wurde erstmals gezeigt, dass FTO den Gehalt von 3-Methyl-Uridin und Pseudouridin in non-mRNA beeinflusst (7).

Der Melanocortin Signalweg spielt eine wichtige Rolle in der Gewichtsregulation. Daher analysierten wir das DNA Methylierungsmuster des Gens Proopiomelanocortin (POMC). Dabei beobachteten wir eine signifikante Hypermethylierung an der POMC 3´CpG Insel in übergewichtigen Kindern verglichen mit normalgewichtigen Kindern. Diese Hypermethylierungsvariante bestand schon vor der Entwicklung des Übergewichts und führte zu einer reduzierten Expression der POMC mRNA, die teilweise durch reduzierte Binde-Kapazität des P300 Komplex vermittelt wurde. Schließlich beobachteten wir, dass das POMC DNA Methylierungsmuster mit dem Vorhandensein von spezifischen Alu Elementen assoziiert ist.  Daraus folgern wir, dass diese POMC Hypermethylierungsvariante als „epigenomic signature“ zu einem verstärkten Risiko führt, im Verlauf des Lebens Übergewicht zu entwickeln.

Bei der Untersuchung von MC4R Nonsens-Mutationen konnten wir zum ersten Mal zeigen, dass in vitro ein Aminoglycosid vermitteltes Überlesen möglich ist und  zu funktionellen Rezeptoren führt (8). Außerdem konnten wir zeigen, dass sich das Start Kodon von MC3R nicht an der bisher beschriebenen Position befindet sondern an der zur Maus korrespondierenden Position. Daraus ergibt sich, dass ein MC3R-SNP (T6K) nicht in der Kodierenden Region des Rezeptors liegt.

Bioinformatische Analysen der Kandidatengene stellte einen weiteren Fokus unserer Arbeiten dar (Brockmann). Im Verlauf des Verbundprojekts entwickelte sich die Next-Generation-Sequencing-Technologie rapide und konnte mittlerweile kostengünstig eingesetzt werden, um ganze Kandidatenregionen in großen Patientengruppen zu re-sequenzieren. Während Software-Programme zur Assemblierung und zur Ableitung von Listen mit Genom-Varianten (SNPs, Insertionen und Deletionen) schon seit längerem zur Verfügung standen, war es schwierig, diese Listen effizient zu interpretieren. Zu diesem Zwecke erstellten wir das Softwaretool NovelSNPer. NovelSNPer ist unter http://www2.hu-berlin.de/wikizbnutztier/software/NovelSNPer nutzbar.

Ausgewählte Publikationen
1.    Bolze F, Rink N, Brumm H, Kuhn R, Mocek S, Schwarz AE, Kless C, Biebermann H, Wurst W, Rozman J, and Klingenspor M. Characterization of the melanocortin-4-receptor nonsense mutation W16X in vitro and in vivo. Pharmacogenomics J. 2013;13(1):80-93.
2.    Nordstrom V, Willershauser M, Herzer S, Rozman J, von Bohlen Und Halbach O, Meldner S, Rothermel U, Kaden S, Roth FC, Waldeck C, Gretz N, de Angelis MH, Draguhn A, Klingenspor M, Grone HJ, and Jennemann R. Neuronal expression of glucosylceramide synthase in central nervous system regulates body weight and energy homeostasis. PLoS Biol. 2013;11(3):e1001506.
3.    Vegiopoulos A, Muller-Decker K, Strzoda D, Schmitt I, Chichelnitskiy E, Ostertag A, Berriel DM, Rozman J, Hrabe de AM, Nusing RM, Meyer CW, Wahli W, Klingenspor M, and Herzig S. Cyclooxygenase-2 controls energy homeostasis in mice by de novo recruitment of brown adipocytes. Science. 2010;328(5982):1158-1161.
4.    Khasawneh J, Schulz MD, Walch A, Rozman J, Hrabe de Angelis M, Klingenspor M, Buck A, Schwaiger M, Saur D, Schmid RM, Kloppel G, Sipos B, Greten FR, and Arkan MC. Inflammation and mitochondrial fatty acid beta-oxidation link obesity to early Tumor promotion. Proc Natl Acad Sci U S A. 2009;106(9):3354-3359.
5.    Volckmar AL, Bolze F, Jarick I, Knoll N, Scherag A, Reinehr T, Illig T, Grallert H, Wichmann HE, Wiegand S, Biebermann H, Krude H, Fischer-Posovszky P, Rief W, Wabitsch M, Klingenspor M, Hebebrand J, and Hinney A. Mutation screen in the GWAS derived obesity gene SH2B1 including functional analyses of detected variants. BMC Med Genomics. 2012;5(65.
6.    Tews D, Fischer-Posovszky P, Fromme T, Klingenspor M, Fischer J, Ruther U, Marienfeld R, Barth T, Moller P, Debatin K, and Wabitsch M. FTO deficiency induces UCP-1 expression and mitochondrial uncoupling in adipocytes. Endocrinology. 2013.
7.    Berulava T, Ziehe M, Klein-Hitpass L, Mladenov E, Thomale J, Ruther U, and Horsthemke B. FTO levels affect RNA modification and the transcriptome. Eur J Hum Genet. 2013;21(3):317-323.
8.    Brumm H, Muhlhaus J, Bolze F, Scherag S, Hinney A, Hebebrand J, Wiegand S, Klingenspor M, Gruters A, Krude H, and Biebermann H. Rescue of melanocortin 4 receptor (MC4R) nonsense mutations by aminoglycoside-mediated read-through. Obesity (Silver Spring). 2012;20(5):1074-1081.


Technische Universität München:

The Center of Diet and Disease (CDD):
Weitere Teilprojektleiter: